Nebel
Im
Nebel ist alles ungewiss. Die Geräusche pflanzen sich nur zäh fort. Die
Welt ist in sich selbst versunken -
und doch in größter Distanz: ganz
Ort unter Wasser-. Plötzlich schält sich eine andere Realität in den
kleinen Kreis.
Alles bekommt scheinbar eine unwirkliche Geschwindigkeit
und ist doch sehr verlangsamt. Der Nebel erklärt uns die Welt,
wie es
ein klarsichtiger Tag nie könnte, als in eine sprachlose Tiefe
versunken,- Alles wird zur Erscheinung, heraustretend
ins Verloren
Geglaubte. Die Menschen außerhalb sind
Schwaden, wogend und klamm, die Schrille ihrer Rufe einanderzu
dämpft
die Hoffnung, daß der Nebel einst weicht. Der Nebel ist diese
schrille Hoffnung als Agglomerat und macht die
Distanzen schweigend, er
bedeckt die fernen Orte und zügelt die Unruhe dieser Menschen. Daß sie
wie ferne Parabeln
zurückgebogen in sich selbst verweilen müssen- eine
Zeitlang, unbestimmt. Zwischen den
Schwaden treibt ein Stück
Hauswand, hier ein Fetzen Zaun, dort eine
Antenne...-. Der Nebel fragmentiert die scheinbare Ordnung der Welt ins
Nichts.
Wenn er sehr nah tritt, trennt er die Hand vom Fuß und das
Wissen vom Selbst gewahrt sich als störrische Weide, als
Auflagerung
auf nicht geologische Formationen- irgendeine Weite. Der Nebel heilt,
er zerbiegt den Ernst der Welt- und
macht sie dabei wirklich ernster,
weil innerlicher. Die Wand, in der
wir leben, wird leicht einscheinender Raum und diese
Änderung der
Konsistenz benimmt uns der Scheinbarkeit des Ortes und der Gestalt,
denn es ist Tag und nichts sichtbar:
die Welt bleibt nur mehr der
metaphysische Ort, Ihrer HYLE beraubt, an der wir gestrandet sind,
unserer Herkunft und Reise
vergessend. Die Welt ist nur mehr das
Phantasma, das bleibt, wenn der Sinn für`s Herz verloren ist. Der Nebel
ist wie eine
Nekrolyse des eingebildeten Körpers, ja eigentlich eine
Apoptose des Fleisches.
P.F.
6.11.98,